Woher kommt der Brauch der Sonnwendfeuer in den Alpen?


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Oct 13 2015 3 mins   501

Alpen haben Zeitgliederungsdimension

Eine konkrete Frage, die aber vielschichtig zu beantworten ist. Alpen haben immer auch etwas mit dem Kalender zu tun. Schon in prähistorischer Zeit waren die Alpen zum Beispiel eine ganz gute Möglichkeit, die Zeit einzuordnen – nicht umsonst gibt es Gipfel in den Alpen, die etwa Mittagsspitze heißen. Ich kenne Bauern, etwa im Engadin in der Schweiz, die sich auf einen bestimmen Punkt auf ihrer Alb stellen, und dann können die einem auf zehn Minuten genau sagen, wie viel Uhr es ist. Die Alpen haben also alleine durch die Konturierung des Horizonts eine Zeitgliederungsdimension. Dass man natürlich Winter- und Sommersonnenwende in den Alpen ganz genau beobachtete, ist klar. Und dass man das dann mit bestimmten Festen markierte, ist ebenfalls klar. Höhenfeuer zu entzünden ist eine Möglichkeit, diese Feste zu begehen.

Johannistag am 24. Juni – Achse durchs Kirchenjahr

Speziell beim 24 Juni, von dem Sie sprechen, ist die Sache ein bisschen komplizierter. Heute ist ja am 21. Juni Sommersonnenwende, allerdings war es nach altem Kalender tatsächlich der 24. Dieser 24. Juni ist auch der Johannistag, also der Tag Johannes des Täufers. Dieser Johannes bildet sozusagen die Achse durchs Kirchenjahr. Wenn Sie das Jahr zyklisch anordnen, eine Achse durchs Jahr legen, dann kommen Sie vom 24. Juni auf den 24. Dezember.

Feuer- und Lichtsymbolik

Johannes, so steht's in der Bibel, geht Christus sechs Monate voraus; dieses Fest weist sozusagen auf Weihnachten. Und die Feuer, die am Johannistag entzündet werden, jenseits dieser kalendarischen Feuer, sind ganz einfach auch christliche Symbolik. Denn Johannes sagt ja von sich, er sei noch nicht das Licht der Welt, er solle nur Zeugnis von dem Lichte geben. Oder ein anderes Johanneswort: Er selber taufe mit Wasser; nach ihm aber werde einer kommen, der mit Feuer und Geist taufe. Diese Feuersymbolik, die Lichtsymbolik wird im Johannesbild schon vorausgenommen. Und dass wir an Weihnachten ganz stark in der Dunkelheit des Winters mit der Lichtsymbolik arbeiten, dass auch der christliche Gott von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt“ – das ist die zweite Dimension dieser Sonnwendfeuer oder Johannisfeuer. Sehr interessant wäre in diesem Zusammenhang die Frage, wie zum Beispiel die Nationalsozialisten versucht haben, diese christlichen Bräuche ins Heidnische zurückzutransponieren.